FAQ

Fragen aus der Praxis

Kann sich eine Explosion in einer Staubförderleitung zur Entstaubung ereignen, sofern ein Glimmnest eingebracht wird, oder kann das erst beim Austrag aus der Staubförderleitung geschehen und wenn ja, muss die Leitung dann selbst als explosionsgefährdeter Bereich behandelt werden?

Ja, eine Explosion kann sich bereits innerhalb einer Staubförderleitung ereignen – nicht erst beim Austrag. Der entscheidende Punkt ist, ob die Bedingungen für eine Staubexplosion innerhalb der Leitung erfüllt sind. Und das ist durchaus möglich, wenn auch selten.

Voraussetzungen für eine Staubexplosion:
Eine Staubexplosion benötigt 5 Dinge (das sogenannte Staubexplosions-Pentagon):

  1. Brennbarer Staub (z. B. Holz, Mehl, Puderzucker, Aluminium)
  2. Sauerstoff (aus der Luft)
  3. Feinverteilung des Staubs in der Luft (→ explosionsfähiges Gemisch)
  4. Zündquelle (z. B. Glimmnest, Funke, heiße Oberfläche)
  5. Eingeschlossener Raum (z. B. Rohrleitung oder Zyklon)

Sind diese Bedingungen gegeben – auch in der Förderleitung selbst –, kann dort eine Explosion sofort entstehen, sich weiter ausbreiten und sogar in nachgelagerte Systeme (z. B. Filter, Silos, Zyklone) durchzünden. Daher sind Anlagenteile stets zu entkoppeln (siehe TRGS 724).

Szenario Glimmnest in Staubleitung:
Wenn Sie z. B. durch Bearbeitung, Funkenflug oder Prozesswärme ein Glimmnest oder glühendes Teilchen in die Förderleitung einbringen, passiert Folgendes:

  1. Glimmnest trifft auf Staub (vielleicht schon an der Rohrwand abgelagert oder in Schwebe befindlicher Staub).
  2. Temperatur reicht aus → Entzündung des Staub-Luft-Gemischs.
  3. Explosion entsteht innerhalb der Leitung, oft mit:
    • Flammenausbreitung über mehrere Meter,
    • plötzlichem Druckanstieg,
    • Gefahr der Rückzündung in andere Anlagenteile.

Reale Beispiele:

  • In der Holz- und Mühlenindustrie sind Staubexplosionen in Rohrleitungen dokumentiert worden – nicht nur in Filteranlagen!

⇒ Deshalb sind Zündquellenfreiheit und Funkenüberwachung gerade in Fördersystemen und Absaugleitungen Pflicht.

Maßnahmen zur Verhinderung:

  • Zündquellenvermeidung (z. B. Glimmnest-Detektion, Temperaturkontrolle)
  • Funkenlöschsysteme in Rohrleitungen
  • Ableitfähige oder geerdete Komponenten, um elektrostatische Zündquellen auszuschließen
  • Explosionsschutzklappen, Berstscheiben oder Schnellverschlussventile
  • Inertisierung (z. B. Stickstoff statt Luft in Hochrisikobereichen)

Fazit:
Ja – eine Explosion kann sich bereits in der Staubförderleitung ereignen, wenn dort ein Glimmnest auf ein zündfähiges Staub-Luft-Gemisch trifft.
Deshalb muss die Leitung selbst als explosionsgefährdeter Bereich behandelt werden, nicht nur das Zielsystem wie Filter oder Silos.

Ich bin gelernter Industrieelektroniker und prüfe nun schon seit 12 Jahren unsere Anlagen im Chemiepark. Nun soll ich auch die Anlagen im Ex-Bereich prüfen und instandhalten. Hierzu soll ich zu einer zur Prüfung befähigten Person 3.1 ernannt werden. Berührungspunkte mit dem Explosionsschutz hatte ich jedoch noch nicht. Daher meine Frage, ob ich das einfach werden kann und die Prüfungen durchführen darf und ob ich dann haftbar gemacht werden kann, wenn ich bei der Prüfung etwas falsch mache?

Zu Ihrer ersten Frage, ob Sie das einfach werden können und die Prüfungen durchführen dürfen:

Die Anforderungen, sprich das, was Sie als eine zur Prüfung befähigte Person 3.1 an Erfahrung und Kenntnis mitbringen sollten, sind in der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) Anhang 2, Abschnitt 3, Nr. 3.1 geregelt.

Hierzu heißt es zunächst im §2 Absatz 6:

    (6) Zur Prüfung befähigte Person ist eine Person, die durch ihre Berufsausbildung, ihre Berufserfahrung und ihre zeitnahe berufliche Tätigkeit über die erforderlichen Kenntnisse zur Prüfung von Arbeitsmitteln verfügt; soweit hinsichtlich der Prüfung von Arbeitsmitteln in den Anhängen 2 und 3 weitergehende Anforderungen festgelegt sind, sind diese zu erfüllen.

Im Anhang 2, Abschnitt 3, Nr. 3.1 werden die Anforderungen genauer formuliert:

    Eine zur Prüfung befähigte Person im Sinne dieses Abschnitts muss über die in § 2 Absatz 6 genannte Qualifikation hinaus
    a) über eine einschlägige technische Berufsausbildung oder eine andere für die vorgesehenen Prüfungsaufgaben ausreichende technische Qualifikation verfügen,
    b) über eine mindestens einjährige Erfahrung mit der Herstellung, dem Zusammenbau, dem Betrieb oder der Instandhaltung der zu prüfenden Anlagen oder Anlagenkomponenten im Sinne dieses Abschnitts verfügen und
    c) ihre Kenntnisse über Explosionsgefährdungen durch Teilnahme an Schulungen oder Unterweisungen auf aktuellem Stand halten.

In Ihrem Fall können wir gewiss davon ausgehen, dass Sie genügend Erfahrung als Industrieelektroniker mit 12 Jahren Berufserfahrung im Überprüfen Ihrer Anlagen mitbringen, um die Anforderungen nach a) und b) zu erfüllen.

Hinsichtlich der Forderung nach Punkt c), der Kenntnisse über Explosionsgefährdungen, sagen Sie selbst, dass Sie bis dato keine Berührung hatten. Dies ist jedoch ungemein wichtig, da Sie zum einen die Gefahren, welche von einer explosionsfähigen Atmosphäre ausgehen, erkennen müssen um gegebenenfalls geeignete Schutzmaßnahmen zum Schutz vor Explosionen einleiten zu können, und zum anderen die Anlage nach der Prüfung so sicher zurücklassen, dass sie bis zur nächsten anstehenden Prüfung sicher weiterbetrieben werden kann.

Die DIN EN 60079-17 sagt diesbezüglich hinsichtlich der Qualität des Prüfpersonals:
    Die Prüfung, Wartung und Instandsetzung der Anlagen nach dieser Norm darf nur von erfahrenem Personal ausgeführt werden, dem bei der Ausbildung auch Kenntnisse über die verschiedenen Zündschutzarten und Errichtungsverfahren, die Anforderungen dieser Norm, einschlägige nationale Vorschriften und Unternehmensregeln für die Anlage sowie die allgemeinen Grundsätze der Zoneneinteilung vermittelt wurden. Eine angemessene Weiterbildung der Schulung ist vom Personal regelmäßig durchzuführen. Ein Nachweis für die relevanten Erfahrungen und die absolvierten Schulungen muss dokumentiert und verfügbar sein.

Sie sollten in der Lage sein, das Auftreten einer gefährlichen explosionsfähigen Atmosphäre (g. e. A) zu vermeiden oder einschränken zu können, wissen, wie Zündquellen vermieden werden, und ggf. Maßnahmen gegen das Wirksamwerden von Zündquellen einleiten können, z. B. vermeiden von Aluminiumleitern in rostiger Umgebung, Reib- und Schlagfunken oder heißen Oberflächen, aber auch die PSA, punkto Ableitfähigkeit, spielt eine Rolle.

Oder existieren spezielle organisatorische Maßnahmen, wurde vorab freigemessen, wurden Lüftungsverhältnisse beachtet, existiert eine wirksame Lüftung, wurden die Verbindungen zu benachbarten Räumen beachtet (auch die drüber und drunter liegenden) und können Sie vorab die aktuelle Dokumentation einschließlich aller Änderungsaufzeichnungen für den Ex-Bereich einsehen, so dass Sie sich auf Ihren Einsatz vorbereiten können?

Sie sehen, die Forderung nach Kenntnis im Explosionsschutz ist gerechtfertigt.


Zu Ihrer zweiten Frage, ob Sie haftbar gemacht werden können, gibt die BetrSichV mit ihren Ansagen an den Arbeitgeber eine klare Antwort.

Der Arbeitgeber muss mit geeignetem und geschultem Personal den ihm oktroyierten Aufgaben aus der BetrSichV nachkommen.

§ 10 Instandhaltung und Änderung von Arbeitsmitteln
    (1) Der Arbeitgeber hat Instandhaltungsmaßnahmen zu treffen, damit die Arbeitsmittel während der gesamten Verwendungsdauer den für sie geltenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen entsprechen und in einem sicheren Zustand erhalten werden.
§ 3 Gefährdungsbeurteilung

    (6) Der Arbeitgeber hat Art und Umfang erforderlicher Prüfungen von Arbeitsmitteln sowie die Fristen von wiederkehrenden Prüfungen nach den §§ 14 und 16 zu ermitteln und festzulegen, soweit diese Verordnung nicht bereits entsprechende Vorgaben enthält. Die Fristen für die wiederkehrenden Prüfungen sind so festzulegen, dass die Arbeitsmittel bis zur nächsten festgelegten Prüfung sicher verwendet werden können.

    ...

    Ferner hat der Arbeitgeber zu ermitteln und festzulegen, welche Voraussetzungen die zur Prüfung befähigten Personen erfüllen müssen, die von ihm mit den Prüfungen von Arbeitsmitteln nach den §§ 14, 15 und 16 zu beauftragen sind.

Wir sprechen hier also von einer fachkundigen Person.

§ 2 Begriffsbestimmungen

    (5) Fachkundig ist, wer zur Ausübung einer in dieser Verordnung bestimmten Aufgabe über die erforderlichen Fachkenntnisse verfügt. Die Anforderungen an die Fachkunde sind abhängig von der jeweiligen Art der Aufgabe. Zu den Anforderungen zählen eine entsprechende Berufsausbildung, Berufserfahrung oder eine zeitnah ausgeübte entsprechende berufliche Tätigkeit. Die Fachkenntnisse sind durch Teilnahme an Schulungen auf aktuellem Stand zu halten.

Sind Sie also für Ihre Aufgaben nicht ausreichend ausgebildet, so sind Sie nicht haftbar zu machen. Anders sieht es aus, wenn Sie über die entsprechende Fachkunde verfügen und fahrlässig handeln. Dies soll jedoch durch die genannten entsprechenden Schulungen im Explosionsschutz verhindert werden.