Sicherheitstechnische Kenngrößen
Sicherheitstechnische Kenngrößen stellen quantitative Aussagen über Stoffeigenschaften dar, welche für die Beurteilung der Explosionsgefahr und der hieraus abzuleitenden Schutzmaßnahmen maßgebend sind.
Die Kenngrößen…
- helfen uns Stoffe nach einem Gefährdungsmerkmalen zu ordnen
- sind keine physikalische Konstanten, sondern quantitative Aussagen über Stoffeigenschaften
- hängen in der Regel von der standardisierten Messmethode ab
- sind meist nicht vergleichbar mit Werten, die nach anderen verfahren bestimmt wurden
Kenngrößen des Explosionsschutzes…
- sie quantifizieren das Explosions- und Zündverhalten brennbarer Stoffe
- bilden die Grundlage einer differenzierten Beurteilung der Explosions- und Zündgefahr
- dienen der Ermittlung von Betriebsparametern und der konstruktiven Auslegung von Schutzmaßnahmen
Klassifizierung der Kenngrößen des Explosionsschutzes entsprechend den folgenden Fragestellungen
- Kann explosionsfähiges Gemisch vorliegen?
- Kann eine Zündquelle wirksam werden?
- Wie sind die Auswirkungen einer Explosion zu bewerten?
Der Geltungsbereich für die sicherheitstechnische Kenngrößen sind die atmosphärischen Bedingungen, sprich:
- Temperatur zwischen -20 °C und +60 °C
- Drücke zwischen 0,8 bar und 1,1 bar und
- einem Sauerstoffanteil von 21 Vol%.
Die wichtigsten sicherheitstechnischen Kenngrößen sind;
-
- Abbrandgeschwindigkeit
Die Abbrandgeschwindigkeit beschreibt die maximale Ausbreitungsgeschwindigkeit der Verbrennungszone in Feststoffen. - Brennzahl (BZ)
Die Brennzahl (BZ) charakterisiert das Brand- Abbrandverhalten eines Stoffes. - Elektrische Leitfähigkeit
Die elektrische Leitfähigkeit ist ein Maß für die elektrostatische Aufladbarkeit von Stäuben und wird meist in der Einheit pS/m angegeben. (1 pS = 1 pico Siemens = 10 -12 Ohm-1) - Explosionsfähigkeit (siehe auch Staubexplosionsklasse)
Staubexplosionsfähigkeit ist dann gegeben, wenn sich in einem Staub/Luft-Gemisch nach dem Entzünden eine Flamme ausbreitet, die im geschlossenen Behälter mit Temperatur- und Drucksteigerung verbunden ist.
Aufgrund ihrer KSt-Werte werden die Stäube in Klassen eingeteilt:
- Explosionsgrenze (UEG, OEG [Vol% oder g/m³])
Die Explosionsgrenzen sind Grenzen des Explosionsbereiches. Untere Explosionsgrenze (UEG) und Obere Explosionsgrenze (OEG) ist der untere bzw. obere Grenzwert der Konzentration (Stoffmengenanteil) eines brennbaren Stoffes in einem Gemisch von Gasen, Dämpfen, Nebeln und/oder Stäuben, in dem sich nach dem Zünden eine von der Zündquelle unabhängige Flamme gerade nicht mehr selbständig fortpflanzen kann.
- Die untere Explosionsgrenze ist die untere Grenze des Explosionsbereiches.
- Die obere Explosionsgrenze (OEG) ist die obere Grenze des Explosionsbereichs.
- Explosionsgruppe (IIA, IIB, IIC)
Einteilung von Gasen erfolgt aufgrund ihrer spezifischen Zündfähigkeit, die durch normierte Kennzahlen bestimmt wird.
Explosionsgruppe
Grenzspaltweite MESG
Zündstrom-verhältnis MIC
II A
> 0,9 mm
> 0,8
II B
0,5 mm ≤ MESG ≤ 0,9 mm
0,45 mm
≤ MIC ≤ 0,8II B
< 0,5 mm
< 0,45
Die Gefährlichkeit der Gas nimmt von Explosionsgruppe II A nach II C zu. Entsprechend steigen die Anforderungen an die Betriebsmittel. Betriebsmittel, die für II C zugelassen sind, dürfen auch für alle anderen Explosionsgruppen verwendet werden.
- Explosionspunkt
Unterer Explosionspunkt (UEP) bzw. oberer Explosionspunkt (OEP) einer brennbaren Flüssigkeit ist die Temperatur, bei der die Konzentration (Stoffmengenanteil) des gesättigten Dampfes im Gemisch mit Luft die untere bzw. obere Explosionsgrenze erreicht. Bei reinen Stoffen und azeotropen Gemischen lassen sich mithilfe der Explosionspunkte und der Dampfdruckkurve die Explosionsgrenzen bestimmen.
- Der Unterer Explosionspunkt (UEP) ist die Temperatur einer brennbaren Flüssigkeit, bei der die Konzentration des gesättigten Dampfes in Luft gleich der unteren Explosionsgrenze ist.
- Der Oberer Explosionspunkt (OEP) ist die Temperatur einer brennbaren Flüssigkeit, bei der die Konzentration des gesättigten Dampfes in Luft gleich der oberen Explosionsgrenze ist.
- Flammpunkt (TFL [°C])
Der Flammpunkt ist die niedrigste Temperatur, bei der unter vorgeschriebenen Versuchsbedingungen eine Flüssigkeit brennbares Gas oder brennbaren Dampf in solcher Menge abgibt, dass bei Kontakt mit einer wirksamen Zündquelle sofort eine Flamme auftritt.
Bemerkung: Der Flammpunkt gestattet, brennbare Flüssigkeiten hinsichtlich ihrer Neigung, explosionsfähige Dampf/Luft-Gemische zu bilden, in Gruppen einzuteilen; vgl. GefStoffV sowie die einschlägigen Transportvorschriften. Der Flammpunkt, bestimmt in einem Gerät mit geschlossenem Tiegel, liegt in der Regel nur wenige Grad Celsius über dem unteren Explosionspunkt. Dagegen liegt der in einem Gerät mit offenem Tiegel bestimmte Flammpunkt häufig weit über dem unteren Explosionspunkt, weil sich über der Flüssigkeitsoberfläche ein gesättigtes Dampf/Luft-Gemisch nicht einstellen kann. Deshalb beziehen sich in diesen Regeln sämtliche Flammpunktangaben auf Flammpunkte, die in Geräten mit geschlossenem Tegel gemessen werden.
- Grenzspaltweite (MESG [mm]) / Normspaltweite
Die Grenzspaltweite wird in einem normierten Verfahren (IEC 60079-1)für das jeweilige Gasgemisch bestimmt. Dabei wird die Zündfähigkeit durch ein über einem Spalt austretendes Gasgemisches bestimmt.
Zuordnung der Gas und Dämpfe in Explosionsgruppen aufgrund der ermittelten Grenzspaltweite (MESG):
- Abbrandgeschwindigkeit
Grenzspaltweite MESG |
Explosionsgruppe |
> 0,9 mm |
II A |
0,5 mm ≤ MESG ≤ 0,9 mm |
II B |
< 0,5 mm |
II C |
-
- Kenngröße ( [µm])
Staub mit einer Korngröße > 400 µm ist i.d.R. nicht zündfähig. Mit abnehmender Korngröße nimmt die Neigung der Stäube zu Explosionen zu, d. h. Anstieg des "max. Explosionsdruckes" und des "max. zeitl. Druckanstieges".
Der Transport und die Verarbeitung von groben Staub haben, bedingt durch Abrieb, das Entstehen feinen Staubes zur Folge.
- KST-Wert ( [ bar · m/s])
Klassifizierungswert, der die Brisanz der Verbrennung ausdrückt. Er ist zahlenmäßig gleich dem Wert für die max. Druckanstiegsgeschwindigkeit bei einer Explosion eines Staub/Luft-Gemisches in einem 1 m³-Behälter.
Dieser Wert legt die Grundlage für die Berechnung von Druckentlastungsflächen. - maximaler Explosionsdruck (Pmax [ bar])
Höchstwert, der bei der Bestimmung der Explosionsdrücke gemessen wird, wenn der Gehalt an brennbarem Stoff im Brennstoff/Luft-Gemisch variiert wird. - maximaler zeitlicher Druckanstieg ((dp/dt) max [ bar/s])
Maximaler zeitlicher Druckanstieg (dp/dt)max ist der unter vorgeschriebenen Versuchsbedingungen ermittelte höchste zeitliche Druckanstieg in einem geschlossenen Behälter, der bei der Explosion einer explosionsfähigen Atmosphäre Auftritt. - Medianwert ([µm])
Der Medianwert ist die mittlere Korngröße (50 Gew.-% des Staubes sind gröber und 50 Gew.-% sind feiner als der Medianwert).
Die Korngrößenverteilung eines Staubes wird grundsätzlich durch eine Siebanalyse ermittelt - Mindesttemperatur einer Staubschicht (Glimmtemperatur) (T [°C])
Die Mindestzündtemperatur einer Staubschicht ist, die unter festgelegten Versuchsbedingungen ermittelte, niedrigste Temperatur einer heißen Oberfläche, bei der die Staubschicht entzündet wird.
Bemerkung 1: Bei der Vielfalt industrieller Prozesse kann die Zündung einer Staubschicht von örtlichen Bedingungen abhängen. Dieses Untersuchungsverfahren ist nicht notwendigerweise repräsentativ für alle industriellen Gegebenheiten, wobei solche Faktoren wie Gegenwart dickerer Staubschichten und Temperaturverteilung in der Umgebung besonders zu beachten sind.
Bemerkung 2: Bei der Durchführung der Untersuchung ist wesentlich, dass alle notwendigen Vorkehrungen zum Schutz der Gesundheit des Personals gegen Risiken durch z. B. Feuer, Explosionen, Einatmen von Rauch und jeglichen toxischen Verbrennungsprodukten getroffen worden sind.Bemerkung 3: Die Mindestzündtemperatur einer Staubschicht von 5 mm Dicke wird auch als Glimmtemperatur bezeichnet.
- Mindestzündenergie (MZE/MIE) E [mJ]
Die Mindestzündenergie (MZE) ist die unter vorgeschriebenen Versuchsbedingungen ermittelte, kleinste in einem Kondensator gespeicherte elektrische Energie, die bei Entladung ausreicht, dass zündwilligste Gemisch einer explosionsfähigen Atmosphäre zu entzünden.
Bemerkung 1: Zwischen der Mindestzündenergie und der flammendurchschlagsicheren Spaltweite besteht ein funktioneller Zusammenhang.
Bemerkung 2: Die MZE wird in festgelegten Verfahren bestimmt und in mJ angegeben. - Mindestzündstromverhältnis (MIC)
In einem normierten Verfahren (IEC 60079-3) wird die Zündfähigkeit von Gasen und Dämpfen mit einem Normstromkreis bestimmt. Der ermittelte Mindestzündstrom wird bezogen auf dem Mindestzündstrom von Methan.
Zuordnung der Gas und Dämpfe in Explosionsgruppen aufgrund des ermittelten Zündstromverhältnisses(MIC):Mindestzündstromverhältnis MIC
Explosionsgruppe
> 0,8
II A
0,45 mm ≤ MIC ≤ 0,8
II B
< 0,45
II C
- Mindesttemperatur einer Staubwolke (T [°C])
Die Mindestzündtemperatur einer Staubwolke ist, die unter festgelegten Versuchsbestimmungen ermittelte, niedrigste Temperatur einer heißen Oberfläche, bei der sich das zündwilligste Gemisch des Staubes mit Luft entzündet. -
Sauerstoffgrenzkonzentration (SGK [Vol%])
Die Sauerstoffgrenzkonzentration (SGK) ist die maximale Sauerstoffkonzentration (Stoffmengenanteil) in einem Gemisch eines brennbaren Stoffes mit Luft und inertem Gas oder Staub, in dem eine Explosion nicht auftritt; sie wird bestimmt unter festgelegten Versuchsbedingungen. -
Selbstentzündungstemperatur (T [°C])
Höchste Lagertemperatur eines gegebenen Produktvolumens, bei der gerade noch keine Selbstentzündung des feinkörnigen oder staubförmigen Produktes eintritt. Die Selbstentzündungstemperatur ist volumenabhängig (Form und Größe). Sie wird zu Vergleichszwecken oft in einem zylinder- oder würfelförmigen Drahtkorb mit Volumen von 400 cm3 oder 1000 cm3 bestimmt (VDI 2263-1). Bei der Angabe von Selbstentzündungstemperaturen ist darüber hinaus der Untersuchungszeitraum, d. h. die Dauer der Temperatureinwirkung auf das Produktvolumen, zu beachten. -
Staubexplosionsklasse (KSt-Wert [ bar · m/s])
Mit der Staubexplosionsklasse wir die Explosionsfähigkeit ausgedrückt.
Staubexplosionsfähigkeit ist dann gegeben, wenn sich in einem Staub/Luft-Gemisch nach dem Entzünden eine Flamme ausbreitet, die im geschlossenen Behälter mit Temperatur- und Drucksteigerung verbunden ist.Staubexplosionsklasse
KSt-Wert
St 1
> 0 bis 200
St 2
> 200 bis 300
St 3
> 300
- Staubungsverhalten und Staubungsgruppe
Das Staubungsverhalten wird charakterisiert durch die Staubungszahl S.
Das Staubungsverhalten wird aus Gründen der Anschaulichkeit in folgende Gruppen eingeteilt:Staubungsgruppe
Staubungszahl
1
0 – 1
2
> 1,5
3
> 5 – 10
4
> 10 – 20
5
> 20 – 50
6
> 50
-
Staubungszahl
Staubungszahl S ist das arithmetische Mittel über drei Einzelwerte der Staubungszahl Si.Die Staubungszahl Si der Einzelmessung ist definiert als
Dabei sind m und g die Einheiten für Länge und Masse; c(t) ist die im Messbehälter der Apparatur gemessene Staubkonzentration über der Zeit. - Schwelpunkt
Der Schwelpunkt ist die niedrigste Temperatur, bei der eine feste Substanz Schwelgase abgibt, so dass die entstehenden Schwelgas/ Luft-Gemische durch Fremdzündung entflammt werden können. -
Temperaturklassen
Die Zündklassen definieren Zündbereiche, nach denen brennbare Gase und brennbare Flüssigkeiten aufgrund ihrer spezifischen Zündtemperatur eingeteilt werden.
Für Gase und brennbare Flüssigkeiten können die Temperaturklassen eingesetzt werden für die max. zul. OberflächentemperaturenTemperaturklasse
Zündbereich
Zul. Oberflächentemperatur
T1
> 450 °C
450 °C
T2
> 300…≥ 450 °C
300 °C
T3
> 200…≥ 300 °C
200 °C
T4
> 135…≥ 200 °C
135 °C
T5
> 100…≥ 135 °C
100 °C
T6
> 85…≥ 100 °C
85 °C
-
Zündtemperatur T [°C]
Die Zündtemperatur ist die niedrigste Temperatur (einer heißen Oberfläche), bei der unter festgelegten Prüfbedingungen die Entzündung eines brennbaren Gases oder Dampfes in einem Gemisch mit Luft oder Luft/Inertgas Auftritt.
- Kenngröße ( [µm])
Sicherheitstechnische Kenngrößen nach Flüssigkeiten(Gase, Dämpfe und Nebel) und Stäben sortiert
Flüssigkeiten
Die für Flüssigkeiten wichtigen sicherheitstechnischen Kenngrößen sind:
- Flammpunkt
- untere Explosionsgrenze
- obere Explosionsgrenze
- Sauerstoffgrenzkonzentration
- Explosionsgruppe
- Grenzspaltweite
- Mindestzündenergie
- Mindestzündstromverhältnis
- Temperaturklasse
- Zündtemperatur
Stäube
Die für Stäube wichtigen sicherheitstechnischen Kenngrößen werden unterteilt in abgelagerten Staub und aufgewirbelten Staub.
Abgelagert der Staub:
- Kenngröße
- Medianwert
- Mindestzündenergie
- Mindestzündtemperatur einer Staubschicht (Glimmtemperatur)
- Maximaler Explosionsdruck
- Maximaler zeitlicher Druckanstieg
- KSt-Wert
- Staubexplosionsklasse
- untere Explosionsgrenze
- Sauerstoffgrenzkonzentration
- Brandverhalten
- Selbstentzündungsverhalten
- Exotherme Zersetzung
- Spontane Zersetzung
- Schlagempfindlichkeit
Es wird geprüft, ob in einer Staubprobe durch Schlag eine Zersetzungsreaktion oder Explosion eingeleitet werden kann. Diese Prüfung entspricht nicht der Prüfung nach dem Sprengstoffgesetz.
aufgewirbelt der Staub:
- Explosionsfähigkeit
- maximaler Explosionsüberdruck (Pmax)
- maximaler zeitlicher Druckanstieg (dp/dt)max
- unter Explosionsgrenze
- Sauerstoffgrenzkonzentration
- Mindestzündenergie
- Mindestzündtemperatur einer Staubwolke
- Staubungsverhalten
- Staubungszahl